Streunerle

Ich bin ein Streuner. Eine von den vielen Niemandskatzen, die niemand sieht, die niemanden haben. Ich habe kein Zuhause, kein kuscheliges Bett, keinen gefüllten Napf, und keine Menschen, die mich lieben. Oft streife ich nachts umher und schaue sehnsüchtig durch fremde Fenster, und bin neidisch auf die Jemandskatzen und ihre Menschen, die ich sehe. Es sieht alles so heimelig und friedlich aus, wenn Mensch und Katze vertraut zusammen auf dem Sofa sitzen.

Tagsüber verstecke ich mich meistens aus Angst vor den Menschen. Einige von uns waren einmal Jemandskatzen, hatten ein Zuhause und eine Familie. Manche wurden auf die Straße gesetzt, weil sie krank oder alt wurden oder die ihren Besitzern lästig geworden sind. Einfach entsorgt wie Abfall – aus den Augen, aus dem Sinn. Einige wurden zum Sterben zurückgelassen, alte und kranke, aber auch kleine, wehrlose Katzen, die kaum die Augen geöffnet hatten. Eingepackt in eine Transportbox im Wald oder in einer Plastiktüte in der Mülltonne entsorgt. Oder in einem Pappkarton vor dem Tierheim abgestellt. Oder einfach an der Autobahnraststätte angebunden, weil ihre Menschen ohne sie in den Urlaub fahren wollten.

Viele von uns sind krank, alt und schwach. Die ständige Suche nach etwas zu fressen und einem trockenen Plätzchen geht nicht spurlos an uns vorbei. Es zehrt an uns, denn es ist sehr anstrengend, immer aufs Neue etwas zu essen suchen zu müssen, nicht zu wissen, wo man die nächste Nacht verbringen kann. Man sieht uns dieses harte Leben an: Wir haben kein schönes glänzendes Fell, unsere Ohren sind zerfranst, wir haben viele Narben. Manchen fehlt sogar ein Auge oder ein Teil vom Schwanz. Viele sind mutlos und haben sich aufgegeben, denn wer kümmert sich schon um uns herrenlose Streuner. Wenn wir Niemandskatzen krank sind, sind wir krank. Wenn wir leiden, dann leiden wir still – wenn wir sterben, dann sterben wir im Stillen. Ob es uns gibt oder nicht, scheint vielen egal zu sein. Das sind oft die Menschen, die uns aus ihren Gärten vertreiben, mit Steinen bewerfen oder Schlimmeres.

Zum Glück gibt es aber auch Menschen, denen wir Streuner nicht egal sind, die sich um uns Niemandskatzen kümmern. Die uns sehen, uns etwas zu fressen geben und für einen trockenen Unterschlupf sorgen. Danke, dass es euch gibt!

(TrineWutz)

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